"Leben und Lehren der Meister im fernen Osten"
Zitate erleuchteter Meister
Die Seele
In dieser Weise ging die Geburt Christi vor sich: Maria, die große Mutter, erfasste das Ideal und behielt es in ihrem Gemüte; dann empfing sie es im Schöße ihrer Seele, und dort blieb es für geraume Zeit, bis es hervorgebracht oder geboren wurde als das vollkommene Christuskind, der Erstgeborene, der Sohn Gottes. Er wurde ernährt und behütet, und das Beste, was die Mutter hatte, wurde ihm gegeben; er wurde bewacht und zärtlich gepflegt, bis er aus der Kindheit in das Mannesalter hineingewachsen war. So kommt auch der Christus in jedem von uns, zuerst als ein Ideal, eingepflanzt in den Boden unserer Seele — dem Mittelpunkt unseres Wesens, da Gott wohnt —, wird als vollkommenes Ideal in unserm Gemüte festgehalten, dann hervorgebracht oder geboren als das vollkommene Kind, das Jesuskind.
Als Jesus sagte: >Ich bin das Tor<, verstand er darunter das ich bin in jeder Seele, welches das Tor ist, durch welches Leben, Macht und Substanz des großen ich bin, welches Gott ist, durch jeden Einzelnen zum Ausdruck gelangt. Dieses ich bin hat nur eine Art sich auszudrücken, die der Idee, des Gedankens, des Wortes, der Tat. Diesem >ich bin das Wesen Gottes<, das Macht, Substanz und Intelligenz ist, wird durch das Bewusstsein Form gegeben, und aus diesem Grunde sagte der Meister: >Nach eurem Glauben wird euch geschehen<, und: >Alle Dinge sind möglich für den, der Glauben hat.<
Nun sehen wir also, dass Gott im Innern der Seele wohnt als Macht, Substanz und Intelligenz, oder, geistig gesprochen, als Weisheit, Liebe und Wahrheit, und durch das Bewusstsein zur Form oder zum Ausdruck gebracht wird. Das Bewusstsein, das in dem unbegrenzten Verstande Gottes und des Menschen lebt, wird bestimmt durch die im Verstand aufrechterhaltene Auffassung oder den Glauben. Es ist der Glaube an Trennung vom Geiste, was unsere Form alt werden und sterben lässt. Wenn wir einsehen, dass der Geist alles ist und dass die Form fortwährend vom Geist zum Ausdruck gebracht wird, dann werden wir verstehen, dass das, was vom Geiste geboren oder hervorgebracht worden ist, Geist sein muss.
Dann denkt an die endlose Zahl von Seelen, die auf dieser Erde geboren werden. Und erkennt, dass jede dieser Seelen ein von Gott vollkommen ausgedachtes Ideal ist, so wie Gott sich selbst erschaut, dass jeder dieser Seelen dieselbe Macht, dieselbe Herrschaft und dieselbe Ausdrucksmöglichkeit gegeben ist über alles, was Gott selbst gehört.
Krankheit ist vor allem Nichtwohlsein, also Abwesenheit vom Wohl oder von Santi, dem holden, fröhlichen Frieden des Geistes, der sich durch das Gemüt im Körper widerspiegelt. Der Prozess des Alterns, die allgemeine Erfahrung des Menschen, ist nur ein Ausdruck seiner Unwissenheit in Bezug auf gewisse kranke (unwohle) Zustände von Leib und Seele.
Gott hört nicht auf unsere lauten, eitlen Beteuerungen, noch auf unsere vielen Worte. Wir müssen Gott suchen durch den Christus in uns, durch die unsichtbare Verbindung, die in uns ist. Wenn der in uns wohnende Vater im Geist und in der Wahrheit angebetet wird, so hört Er auf den Ruf der Seele, die aufrichtig vor Ihm sich auftut. Derjenige, der im stillen die Verbindung mit dem Vater erhält, wird spüren, wie die Macht sein ganzes Wesen durchströmt und alle seine Wünsche erfüllt. Denn wer den Vater am heiligsten Ort seiner eigenen Seele sucht und dort wohnt, den wird der Vater öffentlich belohnen. Wie oft hat Jesus auf diese Vereinigung mit dem Vater hingewiesen! Seht, wie er in sich die fortwährende, bewusste Verbindung mit Gott aufrechterhielt! Seht, wie er mit Ihm sprach, als ob Er persönlich gegenwärtig wäre! Seht, wie mächtig ihn diese geheime, innere Beziehung machte! Er erkannte, dass Gott nicht im Feuer, noch im Erdbeben, noch im gewaltigen Sturm spricht, sondern in der stillen, feinen Stimme, der stillen, feinen Stimme tief in unserer eigenen Seele. Wenn der Mensch dies lernt, wird er sein inneres Gleichgewicht erlangen. Er wird lernen, über alle Dinge nachzudenken. Alte Ideen werden von ihm abfallen, er wird sich an neue Ideen anpassen lernen. Er wird bald die Wichtigkeit und Wirksamkeit des Systems einsehen. Er wird endlich lernen, mit allen Fragen, die ihn verwirren, auf diese stille Stunde zu warten. Vielleicht gelingt es ihm nicht gleich, diese Fragen zu lösen, aber er wird mit ihnen vertraut werden.